Rituale zu den jahreszeitlichen Mondzyklen
Im Zuge der Vorbereitungen zur Ausstellung "geburtskultur. vom gebären und geboren werden“ haben wir Fachpersonen aus verschiedenen Disziplinen und interessierte Menschen eingeladen, gemeinsam mit uns über unser Projekt nachzudenken. Bei unseren Workshops äußerten sie vielfach den Wunsch nach „Ritualen“. Das Bedürfnis nach überkonfessionellen, zeitgemäßen Ritualen, mit denen besondere Lebensmomente gewürdigt und rituell gefeiert werden können, war für viele Teilnehmer:innen ein wichtiges Thema, vor allem in Zusammenhang mit der Geburt.
Wir freuen uns sehr, dass wir die Regionalgruppe Vorarlberg des Netzwerks Rituale Österreich gewinnen konnten, für uns Rituale zu den vier Mondfesten zu gestalten, die - pandemiebedingt - online angeboten werden mussten. Ein unerwarteter Glücksfall: durch die digitale Version erreichten wir Teilnehmer:innen im ganzen deutschen Sprachraum.
Das 4. und letzte Ritual dieses Zyklus bildete am Abend des 31. Oktobers 2021 nicht nur den Abschluss dieser Reihe, sondern gleichzeitig auch das rituelle Ende der Ausstellung.
Foto © FMH/Patrick Rohner

Angebotene Rituale zu den Mondzyklen:
Di 2. Februar: 6:15 – 7:30 Uhr, Online-Ritual zu Maria Lichtmess: „Von der schützenden Dunkelheit ins aufkeimende Licht“
Das 1. Ritual nahm einerseits den kalendarischen Anlass Maria Lichtmess und andererseits das Thema Geburt auf. Mit Blick auf den Jahreslauf wird mit der Wintersonnwende am 21.12. das Licht neu geboren. Sinnbildlich betrachtet gilt es in der Zeit zwischen Weihnacht und Lichtmess das neugeborene Licht besonders zu schützen, so wie die Mütter mit ihren neugeborenen Kindern besonderen Schutz nach der Geburt brauchen. Auch in der Natur sind die Samen unter der Winterdecke in der Erde beschützt, bevor sie ans Licht keimen. Im frühmorgendlichen Ritual wurde der schützenden Dunkelheit nachgegangen und dem, was sich in der Stille und dem absichtslosen Warten für das kommende Jahr zeigen mag. Dem zarten Licht in der Morgendämmerung und im eigenen Inneren wird nachgespürt, um dann nach Außen gezeigt zu werden.
Sa 1. Mai: 6:15 – 7:30 Uhr, Online-Ritual zum 1.Mai: „Hinein ins volle Leben“
Das 2. Ritual im Jahreskreislauf nahm den kalendarischen Zeitpunkt des 1. Mai (keltisch: Beltane, Beginn des Sommerhalbjahres) zum Anlass, um das werdende Leben mit all seinen Facetten zu feiern. Beim Fest zu Beltane geht es um die Vereinigung von Gegensätzlichem, um Fruchtbarkeit, Lebendigkeit und das freud- und lustvolle Sein. Es ist das Fest des Sieges der Sonne über den Winter, ein Fest hinein ins volle Leben.
So 1. August: Ritueller Impuls zum "Fest der Schnitterin":
Angesichts der Sommerferien führten wir zum Ernte-Dank keine Online Veranstaltung durch, sondern luden die Ritual-Interessierten ein, einen Spaziergang zu machen. Die Bräuche vom August sind ursprünglich den Kornschnitter:innen rund um den 1. August gewidmet und erinnern unter anderem an das richtige Maß bei der Ernte: "Was ernten wir, wieviel ernten wir und wieviel davon nehmen wir für uns persönlich?" Als Impuls wurden die Naturgänger:innen gebeten, den Naturraum bewusst zu betreten und über ihr Leben und das Maß ihres Erntens nachzudenken. Das Ritual lud dazu ein, sich der eigenen Verantwortung und dem eigenen Anteil an der Ausbeutung zu stellen, sich selbst und auch der Erde gegenüber.
So 31. Oktober 2021, 20 Uhr, Online Ritual zum Zyklus des Lebens: „Vom abnehmenden Licht in die schützende Dunkelheit“
Geburt und Tod sind Teil unseres Lebens, das Leben kommt aus der Dunkelheit, dem schützenden Mutterbauch, und geht wieder in die Dunkelheit zurück. Besonders in der dunklen Zeit, wächst die Sehnsucht nach Ritualen. Am Vorabend zu Allerheiligen wird mancherorts „Halloween“ gefeiert, das sich aus dem „All Hallow’s Eve“ herausgebildet hat. Im irisch-keltischen wird dieser Abend auch Samhain genannt. In vielen Kulturen ist es Brauch, am 1. November die Gräber zu besuchen und der Verstorbenen zu gedenken. Als symbolische Form der Seelennahrung werden „Seelenzöpfe“ gebacken und „Seelenlichter“ aufgestellt.
In diesem 4. und abschließenden Ritual wurde der Essenz des bisherigen Jahres nachgespürt: Was ist in diesem Jahr geworden und hat sich zum Samen gerundet? Die Teilnehmer:innen verbanden sich mit ihren Ahn:innen, ihrer Herkunft, und zündeten ein Licht für sie an, um sie der schützenden Dunkelheit anzuvertrauen.
Leitung:
Edith Maria Fuchs, www.edithmaria-fuchs.at; www.abschied-in-wuerde.at
Christiane Huber-Hackspiel, www.huber-hackspiel.at
Johanna Neußl, www.rituale.at
Daniela Schwarzmann-Spalt, www.schrittweise.eu
Mitglieder der Regionalgruppe Vorarlberg des Netzwerks Rituale Österreich; www.ritualnetz.at

Das Netzwerk Rituale Österreich besteht seit 2008. Es hat sich die Vernetzung von professionellen Ritualgestalter*innen zum Ziel gesetzt und möchte ein Bewusstsein für die Bedeutung von Ritualen schaffen. Mit Ritualen können persönliche und gemeinschaftliche Ereignisse begleitet, sowie gebührend begangen und gefeiert werden. Der Verein ist konfessionsfrei und arbeitet nach gemeinsamen ethischen Grundsätzen. Das Team Vorarlberg ist Teil des Netzwerks Rituale Österreich. www.ritualnetz.at